Die Zahlungsmoral in Frankreich verschlechtert sich weiter: Laut der aktuellen France Corporate Payment Survey 2025 sind 86 Prozent der Unternehmen von verspäteten Zahlungen betroffen. Diese Entwicklung trägt zu einem Anstieg der Insolvenzen bei und hat erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.
Die Gewährung von Zahlungsfristen bleibt in Frankreich gängige Praxis. Unter den europäischen Vergleichsländern weist jedoch nur das Vereinigte Königreich einen höheren Anteil an Zahlungsverzögerungen auf. Der negative Trend setzt sich seit mehreren Jahren fort: 2023 meldeten 82 Prozent der Unternehmen verspätete Zahlungen, 2024 waren es 85 Prozent und 2025 bereits 86 Prozent der 650 befragten Firmen.
Die durchschnittliche Verzögerung bleibt mit rund 40 Tagen stabil – allerdings auf einem hohen Niveau. Zum Vergleich: In Polen warten Unternehmen im Schnitt 46 Tage, in China 65 Tage, während in Deutschland und im Vereinigten Königreich ein Durchschnitt von 32 Tagen verzeichnet wird.
Diese Situation belastet insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. 55 Prozent der Kleinstbetriebe berichten über erhebliche oder kritische Auswirkungen auf ihre Liquidität, bei den KMU sind es 39 Prozent und bei mittleren und grossen Firmen 26 Prozent. Seit 2023 steigen diese Werte kontinuierlich. Zudem führen 42 Prozent der Unternehmen die Zahlungsverzögerungen auf finanzielle Schwierigkeiten ihrer Kundschaft zurück.
Mehr Insolvenzen und steigende Schulden
Die anhaltend schlechte Zahlungsmoral hat 2025 zu einer weiteren Zunahme der Unternehmensinsolvenzen geführt. Seit Ende 2023 liegen die Fallzahlen deutlich über dem Niveau vor der Pandemie. Gegenüber 2024 verzeichnen sie einen Anstieg um 4 Prozent, im Vergleich zu 2019 sogar um 36 Prozent. Dadurch ist die Gesamtverschuldung gegenüber Lieferanten auf ein Rekordniveau von 3,4 Milliarden Euro gestiegen.
Die Folgen für den Arbeitsmarkt sind beispiellos: Zwischen Januar und Juli 2025 waren mehr als 160’000 Arbeitsplätze betroffen – ein historisch hoher Wert.
Unternehmen blicken mit Sorge auf Frankreichs Binnenlage
45 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sich die Situation bei den Zahlungsverzögerungen im kommenden Jahr kaum verändert, während ein Drittel mit weiteren Verschlechterungen rechnet. Auch der wirtschaftliche Ausblick bleibt gedämpft: Die Mehrheit der Befragten rechnet mit einer weiteren Abschwächung oder höchstens einer Stabilisierung der Konjunktur – sowohl in Frankreich als auch weltweit.
Das politische und soziale Umfeld in Frankreich wird zunehmend als grösster Unsicherheitsfaktor wahrgenommen. Während 2023 noch der Fachkräftemangel als Hauptproblem galt, stehen nun die Rohstoffpreise, die abnehmende globale Nachfrage und die geopolitischen Spannungen im Vordergrund.
Wachsende Handelsrisiken und branchenspezifischer Druck
84 Prozent der Unternehmen spüren die Auswirkungen der neuen US-Zölle. Ein Viertel berichtet über steigende Produktions- und Lieferkosten, und 40 Prozent der Firmen in den Sektoren Transport, Chemie, Metall, Papier und Automobilindustrie haben ihre Margen bereits reduziert oder planen entsprechende Massnahmen.
Trotz der Herausforderungen sehen exportorientierte Unternehmen weiterhin Chancen. Frankreich und die Europäische Union bleiben die wichtigsten Absatzmärkte, doch nahezu ein Viertel der Befragten nennt auch die USA – trotz anhaltender Handelskonflikte. Der Rückgang auf diesen drei Hauptmärkten begünstigt insbesondere Kanada, die Schweiz und China, die an Bedeutung gewinnen.
Exportorientierte Firmen zeigen sich insgesamt optimistischer: 31 Prozent rechnen mit einer höheren Rentabilität, vor allem in der Pharmabranche. Dagegen erwarten nur 22 Prozent der auf den Binnenmarkt fokussierten Unternehmen steigende Gewinne. Besonders pessimistisch zeigen sich die Branchen Transport, Bau und Tourismus.
Die Margen und der Cashflow der Unternehmen werden bis 2026 unter Druck bleiben, während die Insolvenzen auf einem hohen Niveau verharren dürften
kommentiert Bruno De Moura Fernandes, Global Head of Macroeconomic Research.
Enge wirtschaftliche Verflechtungen zwischen der Schweiz und Frankreich
Für die Schweiz sind diese Entwicklungen von grosser Bedeutung, denn Frankreich ist laut Experten des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) traditionell einer der wichtigsten Wirtschaftspartner der Schweiz. 2024 lag Frankreich bei den Direktinvestitionen auf Platz 6 und war mit 5 Prozent der Schweizer Exporte der fünftwichtigste Absatzmarkt – noch vor China und Grossbritannien.
Die Importe aus Frankreich überstiegen 2024 die Exporte und machten 7 Prozent des Gesamtvolumens aus, womit Frankreich ebenfalls Rang fünf belegte. Vor dem Hintergrund der US-Handelspolitik und weltweiter Spannungen wird die Pflege enger europäischer Wirtschaftsbeziehungen zunehmend wichtiger.
Obwohl die Schweiz im aktuellen Risiko-Barometer weiterhin die Bestnote A1 hält, gelten die Risiken in den Sektoren Automobil und Metall inzwischen als besonders hoch – ein Zeichen wachsender Unsicherheit auch für exportorientierte Unternehmen.
> Laden Sie die vollständige Studie zum Zahlungsverhalten französischer Unternehmen 2025 herunter (auf Englisch) <