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Insolvenzgefahr für Schweizer KMU: Diese 7 Ursachen sind entscheidend

Im Jahr 2023 verlor ein mittelständischer Schweizer Hersteller einen wichtigen deutschen Kunden, der über 40 % seines Umsatzes ausmachte. Innerhalb von sechs Monaten konnte das Unternehmen seine Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen, das Vertrauen der Mitarbeitenden schwand, und die Bank stufte das Risikoprofil herab. Anfang 2024 meldete die Firma Insolvenz an.

Dieses Muster ist vertraut und wiederholt sich Jahr für Jahr still und leise in der ganzen Schweiz. Im Jahr 2024 erreichte die Anzahl der Firmeninsolvenzen mit 17.036 Fällen einen Rekordwert. Laut aktuellen Daten von CRIF setzte sich dieser Trend fort, mit einem Anstieg der Insolvenzen um 8,4 % im ersten Quartal 2025.

Geschäftsausfälle sind selten die Folge eines einzelnen Fehlers. Viel häufiger entstehen sie durch eine Anhäufung finanzieller Risiken, die unterschätzt oder zu spät erkannt wurden. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Hauptgründe am häufigsten zur Insolvenz führen – und wie Sie die Warnsignale frühzeitig erkennen können.

 

Kundenkonzentration: Ein Kunde zu viel

Die Abhängigkeit von wenigen Grosskunden kann finanziell effizient sein – bis sie katastrophal wird. Ein Schweizer Grosshändler für Präzisionswerkzeuge, der nach Italien exportierte, erlebte dies am eigenen Leib, als sein wichtigster Kunde zahlungsunfähig wurde. Da dieser Kunde 50 % des Umsatzes ausmachte, war die Folge unmittelbar: Der Cashflow trocknete aus, und das Unternehmen hatte Schwierigkeiten, die Betriebskosten zu decken.

Das Muster ist meist ähnlich. Zuerst verzögert der dominante Kunde die Zahlungen. Das löst eine Liquiditätskrise aus. Bald darauf muss der Lieferant selbst mit seinen Gläubigern längere Zahlungsfristen aushandeln. Wenn das nicht gelingt, werden interne Kosten gesenkt – oft Personal und Qualität –, was die Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächt. Schliesslich führt dieser Teufelskreis in die Insolvenz.

Warnsignale zeigen sich in der Regel Monate im Voraus: Zahlungsausfälle, sinkende Bestellvolumen oder Veränderungen in der Führung oder Eigentümerschaft des Kunden sind frühe rote Flaggen. Auch ein verstärkter Druck des Kunden auf verlängerte Zahlungsziele ist ein häufiges Warnzeichen.

Diversifikation bleibt der einzige verlässliche Schutz. Schweizer KMU sollten die Abhängigkeit von einzelnen Kunden auf maximal 20–25 % des Umsatzes begrenzen und das Kundenrisiko mithilfe von Finanzinformationsinstrumenten wie den Debitorenrisikobewertungen von Coface überwachen. Eine Warenkreditversicherung spielt zudem eine wichtige Rolle, um Ausfallverluste abzusichern.

 

Schwaches Cashflow-Management

Ein Unternehmen kann auf dem Papier profitabel wirken und dennoch in die Insolvenz geraten – oft wegen eines schwachen Cashflows. Das passiert, wenn eingehende Zahlungen nicht mit den ausgehenden Ausgaben übereinstimmen. So stand beispielsweise eine Digitalagentur aus Basel nach einer Phase schnellen Wachstums kurz vor dem Bankrott. Das Unternehmen stellte massiv neue Mitarbeiter ein, verpasste es aber, die Forderungen schnell genug einzutreiben.

Typischerweise beginnt schlechtes Cashflow-Management mit zu optimistischen Prognosen. Unternehmen gehen davon aus, dass Zahlungen pünktlich eingehen, und binden Kosten zu früh. Wenn Kunden jedoch Rechnungen verzögern oder anfechten, schwindet die Liquidität. Kreditrückzahlungen und Lieferantenzahlungen häufen sich an. Ohne externe Finanzierungsquellen können selbst gesunde Firmen an temporären Zahlungsengpässen scheitern.

Frühe Warnzeichen sind häufige kurzfristige Kreditaufnahmen, verpasste Supplier-Discounts aufgrund verspäteter Zahlungen und eine steigende Abhängigkeit vom Factoring. Ein CFO, der regelmässig nach Liquiditätsupdates fragt, ist ebenfalls ein dezentes Alarmzeichen.

Schweizer KMU können dieses Risiko durch rollierende 13-Wochen-Cashflow-Prognosen und klare DSO-Ziele (Days Sales Outstanding) minimieren. Tools wie Abacus oder Bexio liefern Echtzeit-Einblicke. Zudem sollten CFOs stabile Bankbeziehungen pflegen, bevor sie finanzielle Unterstützung benötigen.

 

Schwaches Management und mangelhafte Entscheidungsfindung

Familienunternehmen prägen die Schweizer KMU-Landschaft. Doch interne Konflikte, unklare Zuständigkeiten oder veraltete Führungsstrukturen können ernsthafte Risiken bergen. So lernten wir den Fall eines Textil-Distributors kennen, bei dem zwei Brüder über die Reinvestitions- versus Dividendenpolitik uneins waren. Während sich der Streit zog, stagnierten die Produktlinien und wichtige Kunden gingen verloren. Das Unternehmen meldete Insolvenz an.

Wenn wichtige Entscheidungen verzögert oder politisiert werden, fehlt dem Unternehmen die strategische Agilität. Wesentliche Investitionen bleiben aus, Prozesse veralten, und Talente verlassen das Unternehmen. Im Laufe der Zeit kann so selbst ein solides Geschäftsmodell zerfallen.

Rote Flaggen sind wiederkehrende Meinungsverschiedenheiten im Vorstand, hohe Fluktuation im Personal und die Beauftragung externer Berater zur Lösung grundlegender Strukturprobleme. Ein weiteres Warnzeichen ist das Fehlen externer Prüfer oder unabhängiger Verwaltungsräte.

Um Management-Risiken zu minimieren, sollten Schweizer KMU strukturierte Entscheidungsprozesse mit klaren Eskalationswegen etablieren. Die Einbindung externer Verwaltungsräte sorgt für ausgewogene Perspektiven und objektive Entscheidungen.

 

Zu schnelles Wachstum

Wachstum ist verlockend – doch schlecht gemanagtes Wachstum beschleunigt oft die Insolvenz. Ein Health-Tech-Startup expandierte innerhalb eines Jahres in drei EU-Märkte. Doch die internen Systeme konnten mit der Komplexität nicht Schritt halten. Lagerverluste, schleppende Forderungseintreibung und Compliance-Strafen folgten. Innerhalb von 18 Monaten war der Cashflow erschöpft.

Die Kettenreaktion beginnt meist mit einer Überschätzung. Die Führung glaubt, dass Erfolg in einem Markt automatisch Erfolg in anderen garantiert. Die operative Kapazität wird überstrapaziert, und die Kontrolle leidet. Budgetüberschreitungen häufen sich, während Markterträge auf sich warten lassen. Schliesslich wächst die Verschuldung, Lieferanten verlieren das Vertrauen, und Kapital wird knapp.

Achten Sie auf Warnzeichen wie regelmässige Budgetabweichungen, verzögerte Monatsabschlüsse oder steigende Forderungen in neuen Märkten. Zunehmende Beschwerden von Kunden oder Auditoren deuten auf tieferliegende Probleme hin.

Gezieltes Wachstum ist entscheidend. KMU sollten neue Märkte Schritt für Schritt erschliessen – mit klar abgegrenzten Teams und Budgets. Der Einsatz von Drittlogistik und externen Rechtspartnern ermöglicht Skalierung ohne fixe Kostenlast. Switzerland Global Enterprise bietet massgeschneiderte Markteintrittsunterstützung speziell für Schweizer Unternehmen.

 

Externe wirtschaftliche Schocks

Selbst gut geführte Unternehmen können scheitern, wenn makroökonomische Schocks eintreten. Während der COVID-19-Pandemie verlor ein Schweizer Event-Logistikunternehmen innerhalb von sechs Wochen 90 % seines Umsatzes. Es verfügte über keine Liquiditätsreserve, und staatliche Hilfen kamen zu spät. Binnen drei Monaten meldete das Unternehmen Insolvenz an.

Solche Schocks treffen meist sofort den Umsatz, während die Fixkosten unverändert bleiben. Unternehmen müssen schnell reagieren – doch starre Geschäftsmodelle oder hohe Verschuldung erschweren die Anpassung. Aus einem kurzfristigen Einbruch wird schnell eine Zahlungsunfähigkeitskrise.

Frühe Warnzeichen sind ein starker Rückgang von Anfragen, Vertragskündigungen oder die Unfähigkeit, Versicherungen zu verlängern. Manchmal ziehen Lieferanten oder Banken rasch ihre Kreditlinien zurück, was zeigt, wie das Risiko von aussen bewertet wird.

 

Lieferkettenstörungen

Ein Komponentenhersteller geriet in die Insolvenz, weil sein wichtiger chinesischer Zulieferer acht Wochen lang nicht lieferte. Ohne Alternativlieferanten und mit vertraglichen Strafzahlungen seitens der Kunden konnte das Unternehmen den Schock nicht abfedern.

Solche Ereignisse beginnen oft weit entfernt von den eigenen Betriebsstätten. Ein Streik in einem Hafen, eine politische Krise oder eine Naturkatastrophe stört einen wichtigen Knotenpunkt. Fehlen Redundanzen oder Lagerbestände, steht die Produktion still. Kunden wechseln ab, und der Umsatzverlust ist oft nicht mehr aufzuholen.

Warnsignale sind unter anderem häufigere Lieferverzögerungen, steigende Frachtkosten oder plötzliche Qualitätsprobleme. Auch eine zu starke Abhängigkeit von nur einem Logistikpartner ist kritisch.

Schweizer Unternehmen sollten ihre Bezugsquellen diversifizieren und regelmässige Lieferketten-Audits durchführen. Vertragsklauseln zu Leistung und Strafzahlungen schützen zusätzlich die Kontinuität. Plattformen wie Resilinc bieten Transparenz-Tools, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

 

Fehleinschätzung internationaler Risiken

Schweizer Exporteure gehen oft von Stabilität in westlichen Märkten aus – doch selbst dort unterscheiden sich rechtliche und Zahlungssysteme erheblich. Ein Maschinenbauunternehmen verlor Millionen, als ein italienischer Käufer zahlungsunfähig wurde. Der Vertrag unterlag italienischem Recht, und die Durchsetzung dauerte Jahre.

Die Probleme beginnen meist mit mangelnder Vertrautheit. KMU schliessen Geschäfte ohne ausreichende Due Diligence ab, vertrauen unüberprüften lokalen Agenten oder nutzen Standardverträge. Bei Streitigkeiten explodieren die Kosten.

Warnsignale sind unter anderem Kunden, die unklare Vertragsbedingungen durchsetzen wollen, häufige Änderungen von Zahlungsvereinbarungen oder plötzliche Eigentümerwechsel.

Internationale Risiko-Intelligenz ist entscheidend. Nutzen Sie Instrumente wie Coface URBA360 zur sorgfältigen Partnerprüfung. Verträge sollten von lokalen Juristen geprüft werden, und wenn möglich, die Schweizer Gerichtsbarkeit gewählt werden, um langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

 

Fazit: Proaktive Risiko­bewusst­sein ist entscheidend

Schweizer KMU werden oft für ihre Resilienz und Qualität bewundert. Doch Insolvenzen entstehen selten aus dem Nichts. Ob durch mangelhafte Planung, externe Schocks oder Überabhängigkeit von einem einzelnen Kunden – die Warnsignale sind meist frühzeitig erkennbar. Überleben und Erfolg haben diejenigen Unternehmen, die wachsam bleiben.

Warten Sie nicht, bis die Krise eintritt. Nutzen Sie Risikoanalyse-Tools wie URBA360 von Coface, streuen Sie Ihre Risiken und schaffen Sie eine Kultur der Transparenz in Finanzen und Betrieb.